Beim Bahnhof Zürich Altstetten steht ein mysteriöser Rasenquader. Am 1. August findet dort ein Puurezmorge statt – exklusiv für Flüchtlinge.
Ein gemähter Rasen, Gartenmöbel, ein Apfelbaum, sorgfältig geschnittene Hecken. Diese typische Vorstadtidylle ist derzeit nicht nur in Einfamilienhausquartieren zu erleben, sondern mitten auf dem belebten Altstetterplatz vor dem Bahnhof Altstetten. Nur eine Sache stört die Idylle: Die 25 Quadratmeter grosse Rasenfläche ist durch einen drei Meter hohen Stacheldrahtzaun abgesperrt. Niemand hat also Zugang zu dieser Schweizer Klischee-Idylle – ausser Peter Baracchi. Denn allein der Zürcher Künstler, der für die Installation mit dem Namen «Exclusive Society» verantwortlich zeichnet, hat den Schlüssel. Exklusiv ist hier wörtlich zu nehmen.
An schönen Tagen kann es also vorkommen, dass man Baracchi in seinem Kunstwerk beim Heckenschneiden erwischt, wie er auf einem Liegestuhl Zeitung liest oder mit Freunden am Tischchen Kaffee trinkt. Einladen darf er, wen er will. «In Europa und besonders in der Schweiz beobachte ich die Tendenz, dass die Leute sich stark nach aussen abgrenzen», sagt Baracchi. «Das beginnt schon im ganz Kleinen», fügt er an. Was für die einen Einschluss bedeute, bedeute für die anderen aber Ausschluss.
Mit seiner Installation wolle er diesen Sachverhalt überspitzt und für viele verständlich darstellen, sagt er. Denn: «Mein Publikum sind keine Kunstexperten, sondern Passanten.» Oder aber Zuschauer zu Hause an den Computern, denn Baracchi überträgt seine Besuche, die manchmal mehrere Stunden dauern, jeweils live auf seiner Website.
Keine Lampions und Fähnlein
Für den 1. August nun hat sich Baracchi eine spezielle Aktion ausgedacht. In Anlehnung an die schweizweit am Nationalfeiertag stattfindenden Brunchs in Ställen veranstaltet Baracchi einen Puurezmorge. Butterzopf, Erdbeerkonfi oder frische Milch gehören freilich zum Angebot. Seine Gäste sind ausschliesslich die Bewohner vom benachbarten Asylzentrum. Für diese sei der Altstetterplatz so oder so ein beliebter Treffpunkt, weiss Baracchi. 15 bis 20 Asylsuchende finden am Dienstag auf dem Rasenquader Platz. Mit dem Puurezmorge will Baracchi seine Aussage nun auf den Punkt bringen. Ob er dabei auch Lampions oder Fähnlein aufhängen wird, bezweifelt Baracchi. «Das wäre wohl etwas zu viel.»
Die Installation «Exclusive Society» findet im Rahmen von Gasträume statt, eine Aktion der Stadt Zürich, bei der zwischen Juni und September öffentliche Plätze in Zürich von Galerien bespielt werden. Zu Gasträume gehört in diesem Jahr auch der Skulpturgarten beim Kirchgemeindehaus Wipkingen, eine Plakatausstellung beim Bahnhof Stadelhofen oder ein Eisbär aus Beton auf dem Paradeplatz.