Am Galerienwochenende liess sich die Auslage der Berner Kunstverkäufer vergleichen. Dabei zeigte sich mal wieder: Nur schön ist noch keine Kunst. Ein Augenschein.
Man könnte Monika Teal für eine Ethnologin ohne Untersuchungsgegenstand halten, weshalb sie ihn sie einfach selber macht. Teal, die vor einem Jahr eine Serie von Nocturnes zeigte, stellt in der Galerie Muster-Meier an der Schüttestrasse geheimnisvolle Objekte aus, Fetische aus unbekannten Ritualen, dazu mythologische Tiere wie eine Sau aus Perlen und Wölfe, einen im Schafspelz und einen an der Wand. Gemacht sind sie aus Klunkern, glitzernden Fantasien der Frömmigkeit eines Volks, das selbst wieder nur erfunden ist, prangend und leer in einem.
Llach und Lienhard überzeugen
In der Dunkelheit der Galerie DuflonRacz hängen, nicht zum ersten Mal, die «kratzenden» Leinwände von Elisabeth Llach. «Ça gratte» heisst die Ausstellung, abgeleitet von einem Bildtitel der in Neuchâtel geborenen Zeichnerin und Malerin. Die Ansage stimmt, die Werke berühren, streicheln aber nicht das Gemüt. Llach zeigt eigenwillige Frauenbilder, maskiert die einen, die andern haben das Publikum direkt im Blick. Es sind Verzerrungen einer Kunstgeschichte, die Frauen zu ihrem liebsten Motiv erkoren hat, Klischees der kollektiven Vorstellung, entblösst und souverän zugleich – und ausgestattet mit Humor: Wie wäre es sonst möglich, einen Regenbogen zu urinieren?
Llachs Heroinnen scheinen uns unsere ganze zukünftige Lächerlichkeit abzunehmen und sie sich an unserer Stelle vom Leib zu schaffen.
Die Ansage stimmt, die Werke berühren, streicheln aber nicht das Gemüt.
Mit dem Bieler Remo Lienhard hat Soon einen alten Bekannten eingeladen, frisch zurück von einem Atelierstipendium in Berlin. Die Galerie hat den unter dem Kürzel «Wes 21» signierenden Lienhard schon mehrfach gezeigt, in Zürich und in Bern. Lienhard hat eine sichere Hand und ist sich und seinem ebenso detailreichen wie überdeutlichen, realistischen Stil treu, zudem fürchtet er sich nicht vor Grossformaten. In Biel, Berlin, Reykjavik oder Aarhus gibt es grosse Wandmalereien von ihm. Bei Soon hat er nun eine vormoderne Wunderkammer angedeutet, samt Braunbemalung der Wände, eine Sammlung von Kuriosa, die halb faszinieren, halb erschrecken.
Lienhard zeigt Artefakte, Landschaften und Szenen einer Science-Fiction-Welt, von der man nicht genau sagen kann, liegt sie schon hinter uns oder kommt sie noch. Mit diesem Paradox zielt Lienhard natürlich auf das Maschinenzeitalter Gegenwart: giganteske Antennen, Roboterkäfer, so gross, dass Menschen darin wohnen können, Hütten wie Raumschiffe, auf Bäume gesetzt, die sie kaum tragen. Das kratzt angenehm und ist ein Spektakel, wenn auch mit Absturzgefahr in die zuckerigen Abgründe des Schreckenskitschs. Der Grat zwischen dramatisch und melodramatisch ist schmal, Wes 21 balanciert ziemlich virtuos darauf.
Entdeckung hors catégorie
Die Galerie Béatrice Brunner versammelt in einer Gruppenausstellung Foto- und Videoarbeiten, denen nicht so richtig anzusehen ist, was sie miteinander zu tun haben, ausser, dass sie sehr farbig sind. Einzig Bettina Grossenbacher schafft in ihren Fotografien eine ambivalente Atmosphäre von Schönheit und Gefahr, eine reine Projektion vielleicht, schliesslich bildet die in Basel lebende Thunerin leere Wohnungen und Kinos ab. Dass Béatrice Brunner auch dieses Jahr einen Teil ihrer Auswahl im ästhetisch höchst zweifelhaften Environment des Hotels Schweizerhof zeigt, macht die Sache leider nicht besser, sondern lässt diese Kunst umso mehr als etwas erscheinen, was sie wohl gar nicht sein will: Deko.
Die vielleicht überzeugendste Galerienausstellung – die just in diesen Tagen schliessende Schau von Maia Gusberti und Susan Goethel Campbell bei Tom Blaess ausgenommen – war am Galerienwochende allerdings gar nicht in einer Galerie zu finden, sondern in einem Offspace. Das Milieu an der Münstergasse lag zwar auf dem Weg, ist aber nicht Mitglied des Vereins Berner Galerien und lief daher ausser Kategorie. Sieben Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Schweiz sind in dem bescheidenen Raum vertreten.
Wie sich Malerei, Skulptur und Video hier implizit und unaufdringlich miteinander verbinden, ohne dass ein Werk herausstechen würde, ist wirklich eine kleine Ausstellungsausserordentlichkeit.